Über das Format
In dem Projekt und Best-Practice-Beispiel schildern Stadtführer:innen ihre Eindrücke zum performativen Bildungsformat Stadtführung. Welche Chancen für gegenhegemoniale Narrative bietet dieser Rahmen? Warum ist es so besonders, Biografien mit Stadtpolitik zu verknüpfen?
Wer bestimmt eigentlich, wie wir unsere Stadt sehen? Bei den Stadtführungen des Vereins querstadtein werden Orte im öffentlichen Raum mit den Themen Flucht, Migration, Asylpolitik, Communities und Widerstand verknüpft – entlang der Architektur, der Stadtgeschichte und oft auch der eigenen Biografie.
Dialog und Vermittlung von Migrationsgeschichte(n), wieso funktioniert das in der Stadtführung besonders gut? Wie gelingt es, dass die Menschen auch zuhören? Und was gilt es zu beachten? In einer Audiocollage sowie einer Handreichung beleuchten die Stadtführer:innen das Bildungsformat Stadtführung.
“Ich teile meine Erinnerungen vielleicht ungerne, aber wenn ich das Ergebnis sehe, dann bin ich sehr glücklich, dass ich eine Bühne habe. Ich rede von mir selber und erzähle allgemeingültige Geschichten von so vielen Menschen, auch wenn jede Geschichte anders ist und jede*r andere Gründe hat, warum man flieht. Vielleicht sind die Erinnerungen nicht schön, normalerweise teilt man ja immer die schönen Erinnerungen, wo man im Urlaub war, als man so glücklich war an seinem Geburtstag – und für mich ist es genau das Gegenteil: Den schlechtesten Moment in meinem Leben teile ich einfach auf meiner Tour, mit so vielen fremden Menschen. Aber wenn ich das Ergebnis sehe, dass es in der Gesellschaft eine Veränderung anregt, bin ich sehr glücklich, doch von diesem Schmerz zu erzählen. Weil es eine Gelegenheit ist, Mauern zu zerstören und nicht mehr Abstände zu halten. Es ist endlich eine Gelegenheit miteinander zu reden und nicht mehr übereinander.“ Mohammad, Stadtführer bei querstadtein
“The city tour is an interesting perspective of giving a different narrative, because the idea is to document our existence in as many platforms as possible. The tour is an important aspect of documentation, because it provides a platform for people who would like to understand the city from the perspective of the inhabitants of the city. With that possibility, I am able to position myself coming from a country from where people don’t expect people to be here – the global south as it has been named – and walk in the footsteps of places that mark very important aspects of my life. This is what makes it interesting: to share my perspective, my journey, my contribution to society. This is the only way I can introduce my Berlin to anybody entering the city.” Jennifer, Stadtführerin bei querstadtein
Unsere Empfehlung
Dieses Best-Practice-Beispiel kann zur Inspiration und Konzeption neuer Lernformate genutzt werden. Die Handreichung gibt einen umfangreichen Einblick in die Erfahrungen der Stadtführer:innen von querstadtein e.V. Ebenso eignet sich die Audiocollage für die Auseinandersetzung mit der Frage, wessen Erinnerungen und wessen Geschichte(n) zählen. Nicht alle Geschichten werden erzählt und gehört. Nicht alle sind präsent und bekannt. Einige Migrationsgeschichten werden glorifiziert, andere problematisiert. Denn Migrationsgeschichten sind stets durch öffentliche und politische Interessen gerahmt.
Zum Entstehungskontext
Während der Projektlaufzeit vom 1.1.2021 bis zum 30.6.2022 bringt Migration Lab Germany 15 Partner:innenorganisationen aus den Handlungsfeldern Museum, Schule, Migrantenorganisationen, Gedenkstätten, außerschulische kulturelle und politische Bildung zusammen. Sie entwickeln an ihren je spezifischen Lern- und Begegnungsorten eigene Modellprojekte, die den Themenkomplex Migration mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen auf vielfältige Weise erschließen und pädagogisch bzw. künstlerisch bearbeiten. „Migrationsgeschichte selbstbestimmt erzählen“ ist eines davon. Alle hier entstanden multimedialen Bildungsmedien werden auf unserer Webplattform www.migration-lab.net präsentiert.
Migration Lab Germany und die 15 Modellprojekte werden aus Mitteln der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ), der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus und der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) gefördert. Die Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung der Stiftung EVZ dar. Für inhaltliche Aussagen tragen die Autor:innen die Verantwortung.