Über die Broschüre
Kulturelle und religiöse Vielfalt, unterschiedliche Herkunfts- und Wanderungsgeschichten, grenzüberschreitende Beziehungsnetzwerke, multiple Zugehörigkeiten und Mehrsprachigkeit prägen unseren Alltag. Der Begriff Migrationsgesellschaft macht genau darauf aufmerksam: Migration prägt die Gesellschaft als Ganzes – historisch und gegenwärtig.
Entsprechend intensiv und vielfältig ist die gesellschaftliche und politische Auseinandersetzung darüber. Verhandelt werden Fragen wie: Wovon ist die Zugehörigkeit abhängig – vom eigenen Geburtsort oder dem der Eltern? Vom Aufenthalts- oder Staatsbürgerstatus in Deutschland? Wer ist in welchen Räumen von Bildung und Kultur repräsentiert und willkommen? Welche Religionen und Sprachen sind in der Gesellschaft erwünscht und erfahren in der Schule Beachtung? Was sind die Ursachen für ungleiche Verteilung von Ressourcen und Chancen zwischen Menschen mit und ohne (familiäre) Migrationsgeschichte – etwa auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt oder im Bildungssystem? Letztlich und im Kern geht es um die Frage: Wer gehört dazu?
Auch Bildungsmedien verhandeln diese Fragen. Unter Bildungsmedien verstehen wir analoge und digitale Medien, die zur Gestaltung von Lern- und Bildungsprozessen eingesetzt werden. Das können sowohl das klassische Schulbuch als auch Literatur sein, aber auch Performances, Theaterstücke, digitale Spiele, Podcasts oder Videobeiträge. Wesentlich ist: Um Bildungsmedien handelt es sich, wenn durch sie Wissen für pädagogische und vermittelnde Praxen aufbereitet werden kann. Bildungsmedien konfrontieren uns mit vielfältigen Lebensweisen und Weltsichten und ermöglichen damit unterschiedliche Zugänge zum Thema Migration. Sie ordnen Geschichten und Perspektiven, bieten ihre jeweilige Interpretation an. Deshalb ist es wichtig, sie auf ihre Botschaften hin zu befragen.
Migrationsgesellschaftlich orientierte Bildungsarbeit erfordert dabei dringend eine kritische Auseinandersetzung mit Bildungsmedien. Das beinhaltet, sich kritisch und konstruktiv mit den verschiedenen Geschichten und Perspektiven zu befassen – auch und zuvorderst mit den eigenen. Hierfür ist die Reflexion gesellschaftlicher Normen, Prozesse und Narrative unerlässlich: Wie kann die Reproduktion von Vorurteilen vermieden werden? Welche Bezeichnungen können Angesprochene verletzen, weil sie rassistisch oder antisemitisch sind? Wie kann vermieden werden, aus einer weißen deutschen Perspektive auf Minderheiten zu schauen, und diese zum Gegenstand der Betrachtung zu machen? Kurz: Wie kann migrationsgesellschaftliche Diversität in Bildungsprozessen ebenso wie deren Vermittlung und Reflexion gelingen?
Erst durch diesen machtsensiblen Ansatz öffnet migrationsgesellschaftlich orientierte Bildungsarbeit nachhaltig Räume für eine solidarische und gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen. Jede Praxis der Bildung und Kultur in der Migrationsgesellschaft ist gut beraten, sich bei der Auswahl des Bildungsmaterials kritischen Reflexionen zu widmen.
Unsere Empfehlung
Die folgenden Leitfragen bieten Akteur:innen in Kultur und Bildung ein Werkzeug an, ihr Material kritisch auf dessen Inhalte und Botschaften zu befragen. Damit sollen sie dabei unterstützt werden, geeignete Bildungsmedien auszuwählen und kreativ mit diesen zu arbeiten. Zugleich möchte das Migration Lab zur aktuellen, dringend notwendigen Diskussion über Qualitätskriterien beitragen und zur Erstellung neuer Bildungsmedien in der Migrationsgesellschaft anregen.